Sonntag, 18. Dezember 2011

Eine Geschichte über das Helfen

Eine Geschichte über das Helfen von Eva-Maria Eleni

Eine Mutter kam in die Küche. Sie sah, wie ihre kleine Tochter versuchte in einem Regal die Keksdose zu erreichen. Das Fach in dem die Keksdose stand war sehr hoch für das Kind. Die Kleine hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und mühte sich ab die Dose zu erreichen. Die Mutter ging hin, nahm die Keksdose und stellte sie auf den Küchentisch.
Das kleine dreijährige Mädchen sah die Mutter mit großen Augen zornig an, dann lief sie davon, ohne sich noch für die Kekse zu interessieren.
Die Mutter schüttelte den Kopf und verstand nicht recht was mit ihrem Kind los war.

Am Nachmittag nahm die Mutter ihre Tasche und ging in die Stadt um Erledigungen zu machen. In einem Geschäft war vor ihr ein Rollstuhlfahrer an der Kasse. Als auch die Mutter bezahlt hatte und das Geschäft verlassen wollte, sah sie wie der Rollstuhlfahrer sich mit dem Öffnen der Tür abmühte. Kurzerhand öffnete sie die Tür, um ihm zu helfen. Der Rollstuhlfahrer bedanke sich aber nicht, er sah sie nur kurz unfreundlich an und rollte davon.
Die Mutter schüttelte den Kopf und verstand nicht recht, was mit dem Rollstuhlfahrer los war.

Am Abend pflegte die Mutter stets im Gebet mit ihrem Schutzengel zu sprechen, so tat sie das auch an diesem Tag.
„Lieber Schutzengel, ich habe heute zweimal jemandem geholfen, aber keiner bedankte sich dafür oder schenkte mir auch nur einen freundlichen Blick. Ich verstehe die Welt nicht, sind denn alle so undankbar?“
Der Schutzengel hatte natürlich alles beobachtet was den Tag über geschehen war und da die Mutter ihn nun um Rat gefragt hatte so antwortete er ihr:
„Du hast ihnen nicht geholfen!“
„Was, natürlich habe ich das gemacht, ich habe meinem Mädchen..“,
weiter kam sie nicht, denn der Schutzengel unterbrach sie liebevoll:
„Oh ich weiß ja was geschehen ist, ich war wohl dabei und habe alles beobachtet. Ich muss dich jetzt aber darauf hinweisen, dass was du für Hilfe gehalten hast in Wahrheit keine gewesen ist. Da du mich gefragt hast, so muss ich dir nun ein paar Dinge erklären die du wissen solltest:
Dein Mädchen wollte die Keksdose erreichen und du hast gedacht es würde ihr helfen, wenn du die Dose für sie herunterholen würdest. Du dachtest sie könnte das alleine nicht, und das ist es was sie wütend machte. Die Höhe der Dose war höher als alles, was sie bisher zu erreichen versucht hat, die Dose war also höher als die Grenze die sie bis zum heutigen Tage erreichen konnte. Heute wollte sie über diese Grenze hinauskommen. Durch dein Eingreifen aber hast du ihr vermittelt, dass sie diese Grenze nicht überwinden kann. Und das ist keine Hilfe.“
Die Mutter hatte jedes Wort verstanden, das ihr der Engel mitteilte.
„Also hätte ich mich nicht einmischen sollen?“, fragte sie zaghaft.
„Du hättest sie beobachten können und sie aufmuntern können ihr Ziel zu erreichen, aber mehr hättest du nicht tun können oder müssen, vielleicht hätte sie auch später aufgegeben und dich um Hilfe gebeten.“
„Das verstehe ich, der Rollstuhlfahrer war auch nicht begeistert über meine Hilfe!“
„Ja, auch er ist an seine Grenze gestoßen. Er hat vor einiger Zeit beschlossen, seine Grenzen zu überwinden, die er durch seinen Rollstuhl immer wieder erlebt hat. Er will seit einiger Zeit herausfinden was er alles schaffen kann.
Diese Tür war eine besondere Herausforderung, denn sie war schwerer zu öffnen als die, mit denen er es vorher versucht hatte.“
„Und ich habe ihm die Chance genommen es so lange zu probieren bis er es geschafft hat!“, erwiderte die Mutter kleinlaut.
„Das nächste Mal wirst du etwas darüber wissen, wie gerne Menschen ihre eigenen Grenzen überwinden würden. Und nun weißt du auch, dass es keine Hilfe ist, wenn du jemandem etwas abnimmst, ohne dass er zumindest darum bittet. Vielleicht hast du auch erkennen können, dass du nicht dadurch helfen kannst indem du anderen ihre Arbeit abnimmst. Du kannst auch gar nicht wissen, was sich derjenige vorgenommen hat.“
„Ja, das ist wahr, ich dachte meiner Tochter ginge es darum Kekse zu essen, doch dass es ihr darum ging diese Schachtel zu erreichen, das habe ich nicht gewusst. Und bei dem Rollstuhlfahrer hatte ich gedacht er wollte einfach aus dem Geschäft hinaus, aber dass es ihm auch wichtig war die Türe selber zu öffnen, das hatte ich nicht geahnt. Das nächste Mal werde ich fragen, ob meine Hilfe benötigt wird oder nicht und ich werde ein wenig mein Vertrauen in die Menschen stärken, dass sie schaffen können was sie sich vorgenommen haben. Hilfst du mir dabei mein lieber Engel?“
„Ich helfe dir dabei sehr gerne!“
Und der Schutzengel hüllte die Mutter in sein liebevolles Licht.


copyright Eva-Maria Eleni


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Eva-Maria Eleni